„Wir machen Nachhaltigkeit erlebbar“
Herr Iben, eine aktuelle Studie des Unternehmens „BearingPoint“ zeigt die scheinbare „Nachhaltigkeitsmüdigkeit“ bei Verbrauchern, gerade im Versicherungsbereich. Laut genannter Umfrage wollen immer weniger Menschen eine Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Versicherungsprodukten sehen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Holger Iben: Nachhaltigkeit ist inzwischen ein wahnsinnig strapazierter Begriff, der oft zur Verdrossenheit bei den potenziellen Kunden führt. Viele Menschen verbinden mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ mittlerweile neben Verzicht und Bevormundung oft auch eine Form des Marketings, was zum Verdacht des „Greenwashing“ führt. Auch die Versicherungsbranche und deren Produkte sind in der breiten Bevölkerung nicht besonders positiv belegt, auch wenn jeder froh ist, im Schadenfall eine Versicherung zu besitzen. Wenn ich nun diese beiden Begriffe kombiniere, dann wird daraus schwer etwas Positives, was den Menschen direkt Freude bereitet. Deshalb ist die Aufgabe für uns als Versicherer, nachhaltige Produkte zu schaffen, die diese beiden Themen verbinden und für unsere Kunden positiv erlebbar machen.
Gerade auch, weil der Urgedanke bei Versicherungen an sich ja ein „nachhaltiger“ ist...
Iben: Richtig. Die Verbindung als solches zwischen Nachhaltigkeit und Versicherungen ist sehr stark ausgeprägt. Der Versicherungsgedanke beruht auf Nachhaltigkeit durch Erhalt, Reparatur oder Ersatz. In Versicherungsvereinen teilen Mitglieder die Last der Risiken. Darüber hinaus sorgen insbesondere die nachhaltigen Kapitalanlagen der Versicherer dafür, dass nachhaltige Unternehmen entsprechend kapitalisiert sind und eben eine nachhaltige Wende, beispielsweise in der alternativen Stromgewinnung, einleiten können. Auch in den Produkten der Versicherungsgesellschaften stecken zahlreiche positive nachhaltige Elemente. Insgesamt scheint mir das Ergebnis in dieser Studie nicht primär durch die Versicherungsprodukte indiziert, sondern eher durch die Überstrapazierung des Begriffs bedingt.
Jüngere Generationen zeigen laut der Studie Verunsicherung bezüglich Nachhaltigkeit in Versicherungen. Wie plant bessergrün, sie zu erreichen und welche Tipps haben Sie für Versicherungsvermittler in der Kundenansprache?
Iben: Wir nehmen diesbezüglich keine Unterschiede zwischen den einzelnen Kundengruppen wahr. Natürlich gibt es in den einzelnen Altersgruppen ein leicht unterschiedlich ausgeprägtes Interesse für das Thema Nachhaltigkeit. Meiner Einschätzung nach sind die jüngeren Menschen dem Thema grundsätzlich aber tendenziell eher offen gegenüber eingestellt. In dieser Gruppe fehlt dann gelegentlich nur die notwendige Kaufkraft, so dass die Gruppe mittleren Alters eine höhere Abschlussquote hat. Unabhängig davon möchte bessergrün den Vermittlern helfen, alle interessanten Kundengruppen zu erreichen. Dafür wird es zukünftig für die bessergrün-Partner diverse Unterstützungsmöglichkeiten geben, um die Zielgruppen dort zu erreichen, wo sie im Alltag auch anzutreffen sind. Ein Bereich wäre hier beispielsweise „Social Media“: Wir werden gezielt b2b2c-Content bereitstellen, so dass die angeschlossenen Vermittler zielgerichtet diesen Content platzieren oder gegebenenfalls auch mittelfristig über uns ausspielen lassen können.
Viele Menschen sind skeptisch gegenüber der Nachhaltigkeit von Unternehmen – auch in der Versicherungsbranche. Wie gewährleistet bessergrün Glaubwürdigkeit und Transparenz?
Iben: Die Unternehmen an sich unterliegen natürlich den gesetzlichen Regelungen, die in den letzten Jahren massiv verstärkt wurden. Durch die überbordende Regulatorik ist es für den Endkunden tatsächlich schwierig, überhaupt noch das Wesentliche zu erkennen und das führt dann durchaus zu Skepsis. Das ist eine natürliche Reaktion. Insgesamt denke ich, sind viele Unternehmen aber in diesem Thema umfassend und gut unterwegs. bessergrün setzt hier an und übernimmt nachhaltige Dienstleistungen für die angeschlossenen Partner. Dafür zahlen die Lizenzpartner eine Lizenzgebühr und verpflichten sich, die Nachhaltigkeitsregeln einzuhalten. Die Verpflichtung für die Versicherer besteht darin, das Beitragsäquivalent der Prämie aus den Produkten mit der bessergrün-Option in nachhaltige Kapitalanlagen zu investieren. Die Aufgabe von bessergrün ist dann, für jeden Vertrag einen Baum zu pflanzen und für eine Verwertungssperre und eine Anwachsgarantie zu sorgen.
Und Sie pflanzen nur deutschlandweit, richtig?
Iben: Wir pflanzen bewusst Bäume ausschließlich in Deutschland und werden hierbei von privaten Waldbesitzern, als auch durch die Landesforste unterstützt. Diese Projekte sind dadurch für die Kunden alle nachprüfbar und können auch vor Ort besichtigt werden. Die Formel ist also ganz einfach: Bei Neuabschluss eines Vertrages mit Nachhaltigkeitsoption wird ein neuer Baum gepflanzt. Das schafft Transparenz und ein klares Nachhaltigkeitserlebnis beim Kauf. Diese klaren und einfachen Rahmenbedingungen machen unser Leistungsversprechen sehr transparent und für alle Interessenten und Kunden nachvollziehbar.
Trotz des Wunsches nach Nachhaltigkeit möchten viele Verbraucher nicht mehr zahlen. Wie bietet bessergrün wirtschaftlich attraktive, nachhaltige Lösungen?
Iben: Die Versicherungsbedingungen enthalten mit der bessergrün-Option immer auch nachhaltige Leistungsverbesserungen. So gibt es beispielsweise in der Kfz-Versicherung einen höheren Wiederbeschaffungswert, wenn das Ersatzfahrzeug keinen Verbrennungsmotor, sondern eine nachhaltige Antriebsart besitzt. Oder in der Hausratversicherung wird die Entschädigung bei einem Gerät mit einer besseren Energieeffizienzklasse höher reguliert. Wir sehen also, dass unsere Partner insgesamt durch die bessergrün-Option auch im Schadenfall mehr und nachhaltiger leisten. Entscheidend ist aber, dass ich als Kunde beim Vertragsabschluss die Welt schon ein bisschen grüner mache, indem ein Baum gepflanzt wird. Das ist ein quasi „greifbares Erlebnis“ und sorgt für ein gutes Gefühl direkt beim Abschluss. Wir retten die Welt dadurch nicht, wir machen sie aber zumindest ein kleines bisschen „bessergrüner“. Für all das ist der moderate Prämienaufschlag eher vernachlässigbar und ein Großteil der Kunden, denen bessergrün angeboten wird, schließen dann auch die Produkte mit der bessergrün-Option ab.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in Versicherungsprodukten variiert je nach Zielgruppe. Wie adressiert bessergrün die unterschiedlichen Bedürfnisse?
Iben: Ja, die Bedeutung variiert zwischen einzelnen Zielgruppen, aber auch zwischen den einzelnen Menschen in der jeweiligen Zielgruppe. Unser Produktportfolio ist daher auch so umfangreich gestaltet, dass wir natürlich auch für jede Kundengruppe etwas im Angebot haben. Zudem fokussieren wir uns auf ein klar verständliches Leistungsversprechen, welches auch die Kundengruppen anspricht, die ansonsten dem Thema Nachhaltigkeit eher nicht so offen gegenüberstehen. Entscheidend ist aber in jedem Fall die Ansprache, denn leider wissen Vermittler selten im Vorweg, was dem jeweiligen Kunden in Bezug auf die Nachhaltigkeit besonders wichtig ist. Von daher ist es absolut wichtig, den Kunden intelligent zu seinen Interessen zu befragen und ihm konkrete nachhaltige Optionen vorzustellen.
Gibt es Missverständnisse rund um den Begriff „Nachhaltigkeit“ im Versicherungsbereich und wie kann bessergrün für mehr Klarheit und Greifbarkeit sorgen?
Iben: Das Thema Nachhaltigkeit ist so vielschichtig und liegt fast immer im Ermessen dessen, der sich gerade mit diesem Thema auseinandersetzt. Grundsätzlich gliedert sich Nachhaltigkeit in ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit. Oft wird nur die ökologische Nachhaltigkeit in den Fokus gesetzt. Nachhaltig ist aus meiner Sicht aber übergeordnet auch das Alles, was in irgendeiner Form etwas erhält oder bewahrt und keine neuen Ressourcen verbraucht. Versicherung an sich ist quasi eine der ältesten Formen nachhaltiger Unternehmen.
Können Sie das genauer erläutern?
Iben: Der Versicherungsgedanke geht auf kleine Gilden oder Vereine zurück, welche sich in kleine regionale Gruppen zusammengeschlossen haben, um sich gegenseitig im Schadenfall zu helfen. Versicherungen erhalten Werte und ermöglichen zum Beispiel erst den Wiederaufbau. Wenn dann bei der Wiedererstellung von Gebäuden auch noch ökologischere Baumaterialien und Prozesse verwendet werden, ist auch das neue Gebäude deutlich nachhaltiger als das zerstörte Gebäude. Hier könnte man dann schon von einer Nachhaltigkeitskette sprechen, die man sicherlich weiter verlängern kann. Als bessergrün versuchen wir über unsere bessergrün-Akademie für breite Information zu diesem Thema zu sorgen. Auch in der Akademie geht es nicht nur um ökologische Aspekte, sondern auch um die weiteren relevanten Dimensionen. So ist das Thema Achtsamkeit und Work-Life-Balance auch ein Nachhaltigkeitsthema und zwar mit seiner eigenen Ressource als Mensch. Auch dazu haben wir in der Akademie viele interessante Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsangebote.
Welche „frischen“ Aspekte bringt bessergrün in das Thema rein und setzt sich somit vom restlichen nachhaltigen Markt ab?
Iben: Der Markt ist sehr stark von den regulatorischen Elementen getrieben. Zahlreiche Unternehmen haben zwar nachhaltige Produkte entwickelt, bieten diese aber meiner Meinung nach nicht mit voller Überzeugung an. Das merken der Kunde und natürlich auch die Mitarbeitenden des Unternehmens. Und wie soll ein Mitarbeiter eines Unternehmens ein Produkt promoten, wenn er nicht selbst überzeugt ist. Von der Überzeugung eines Vermittlers dann mal ganz abgesehen. Wir sind von unserem Ansatz überzeugt und leben das genau so. Das Entscheidende ist aber, dass wir unseren Ansatz simplifiziert haben. Wie ich schon sagte, haben wir ein klares Leistungsversprechen: Wir pflanzen einen Baum und legen die Kapitalanlage in Höhe des Beitrages nachhaltig an. Wir sprechen nicht über die ESGs oder die Regulatorik. Wir machen Nachhaltigkeit erlebbar und das ist das frische und erfolgreiche Rezept.
Welche Rolle sehen Sie für Versicherungen in einer nachhaltigen Zukunft?
Iben: Durch das immens große Kapitalanlagevolumen der Versicherer lässt sich hier zum Thema Nachhaltigkeit extrem viel bewegen und sehr viel wurde auch schon bewegt. Das darf man nicht unterschätzen. Viele nachhaltige Veränderungen wie beispielsweise im Bereich der Windenergie und im Photovoltaikbereich wären ohne die Investments aus der Kapitalanlage der Versicherer gar nicht möglich gewesen. Darüber hinaus gibt es wahnsinnig viele andere Segmente, in denen die Kapitalanlagen der Versicherer den Wandel beschleunigen. Neben der Kapitalanlage sorgen die Versicherer aber auch für den Erhalt bzw. die Erstattung der vorhandenen Werte. Nehmen wir nur die Elementarversicherung, die ein Stück weit kompensieren muss, was wir Menschen in den letzten Jahrhunderten angerichtet haben. Durch eine Elementarversicherung wird natürlich die Umwelt nicht mehr geschützt, aber die Folgen zumindest für die Betroffenen gemindert.
Zum Abschluss: Welche Ansätze verfolgt dabei bessergrün?
Iben: Als bessergrün wollen wir dazu beitragen, dass das Thema Nachhaltigkeit nicht nur im Bewusstsein der Vermittler, sondern auch der Kunden gestärkt und insbesondere positiv belegt wird. Veränderungen resultieren immer aus Lust oder Leid. Wir wollen Lust auf das Thema machen und so dazu beitragen, dass immer mehr nachhaltige Produkte vom Kunden abgeschlossen werden und wir dadurch die Welt in unserem Rahmen ein bisschen besser machen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dazu laden wir jeden Vermittler oder auch jedes Unternehmen ein, dieses Ziel gemeinsam mit uns umzusetzen.