United Nations

In 17 Schritten zum Ziel

In einem umfassenden Dokument legten sich die Vereinten Nationen (UN) auf Ziele fest, die bis 2030 zu besseren Lebensbedingungen führen sollen. So kann die Versicherungsbranche dazu beitragen.

09:05 Uhr | 31. Mai | 2023
17 UN-Nachhaltigkeitsziele
| Quelle: FangXiaNuo

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, auch als Agenda 2030 bekannt, bilden einen Rahmen für die nachhaltige Entwicklung der Erde. Diese 17 Ziele wurden im Jahr 2015 von den Mitgliedsstaaten der UN beschlossen und sollen bis 2030 eine lebenswertere Welt für alle Menschen schaffen.

Aufgrund ihrer Finanzkraft liegt dabei eine große Verantwortung bei der Finanzdienstleistungsbranche, von der die Versicherer ein Teil sind. Es stellt sich die Frage: Was können Versicherungsgesellschaften zu den einzelnen Zielen beitragen?

Underwriting und Netto-Null

Der Schlüsselansatz der Versicherer könnte darin bestehen, durch ihre Kernaktivität des Underwritings – dem Prozess der Bewertung, Definition und Preisgestaltung von Versicherungsrisiken – Wege zu finden, Unternehmen bei der Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen zu unterstützen.

Dabei spielen drei Buchstaben eine wesentliche Rolle: E, S und G – ESG (Environment, Social, Governance). An diesen drei Kriterien wird der Nachhaltigkeitsfaktor einer Anlage oder Versicherung festgemacht.

Gleichzeitig sollen sie den Übergang zur Netto-Null-Emission fördern, insbesondere in den CO2-intensivsten Sektoren wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft. Damit würden Versicherer einen Beitrag zu Ziel 13 (Klimaschutz) leisten.

Aber wie ändern sich versicherbare Risiken, wenn Unternehmen und Sektoren zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft übergehen und die Lieferung ihrer Produkte und Dienstleistungen auf umweltschonende Lieferketten umstellen? Diesen Fragen muss sich die Versicherungsbranche stellen.

Verschiebung der Perspektive

Emissionsbilanzierung, Dekarbonisierung und Netto-Null-Ziele wurden lange Zeit hauptsächlich aus der Perspektive von Investitions- und Kreditportfolios betrachtet und angegangen – nicht aus der Perspektive von Versicherungsportfolios.

Was daran liegt, dass Versicherungen lange hauptsächlich als Instrument zur Absorption finanzieller Schocks betrachtet wurden. Dadurch war die Wertschöpfungskette des Versicherungsrisikomanagements stärker mit Anpassungs- und Resilienz-Aspekten als mit der Dekarbonisierungs-Agenda verbunden. 

Chance auf neue Wege

Dabei bietet die Situation für die Branche Chancen, neue Wege zu gehen: Beispielsweise könnten Versicherer das Wertversprechen der Versicherungsprodukte und Risikomanagement-Dienstleistungen für ihre Kunden attraktiver gestalten, indem sie diese anhand von Nachhaltigkeitskriterien analysieren.

Und auch auf politischer Ebene gibt es Ansätze: Gemeinsam mit Regierungen ergeben sich für Versicherer Möglichkeiten, an politischen Maßnahmen und Vorschriften zu arbeiten, die eine Entwicklung zukunftsfähiger Versicherungsmodelle vorantreiben könnten – in der unabhängigen Partnerschaft der „großen“ deutschen Versicherer mit der Bundesregierung könnten geeignete Brücken entstehen.

Solche Partnerschaften würden auf Nachhaltigkeitsziel 17 der Vereinten Nationen einzahlen. Doch welchen Beitrag können Versicherer fernab der Klimaschutz- und Partnerschaftsziele leisten?

Die Ziele

Ziele 1 & 2: Keine Armut & kein Hunger

Versicherungsgesellschaften könnten preiswerte Versicherungen und Anlageprodukte anbieten, die auch für Menschen mit niedrigem Einkommen zugänglich sind. So könnten sie die finanzielle Inklusion der ärmeren Population fördern. Eine in der Praxis bereits vorkommende Form davon ist die Mikroversicherung

Der Zugang zu Nahrungsmitteln und eine nachhaltige Landwirtschaft sind für die Menschheit essenziell. Indem Versicherer einen Anteil der Kundenbeiträge in landwirtschaftliche Projekte investieren, die die Ernährungssicherheit fördern, tragen sie zu Ziel 2 bei.

Ziele 3 & 4: Gesundheit, Wohlbefinden & hochwertige Bildung

Die Allianz-Lebensversicherung ist laut dem Bund Institutioneller Investoren (BII) der größte institutionelle Investor Deutschlands – mit Kapitalanlagen im Wert von mehr als 300 Milliarden Euro. Besonders die „Großen“ stehen in der Verantwortung, da sie mit ihren gewaltigen Finanzströmen am meisten bewirken können: Investitionen in innovative Gesundheitslösungen und die Unterstützung der Kunden bei der Prävention von Krankheiten könnten sinnvoll sein, um Ziel 3 zu erreichen.

Durch zusätzliche Investitionen in Bildungsprojekte für Menschen ohne Zugang oder Chancen auf Bildung, könnten Versicherer Bildungschancen für alle fördern. Auch Ausbildungsversicherungen für Jugendliche, die es bereits auf dem Markt gibt, sollten als Ergänzung zu den staatlichen Fördermitteln vermehrt angeboten werden.

Ziel 5: Geschlechtergleichstellung

Eine gleichberechtigte Entlohnung aller Geschlechter innerhalb des jeweiligen Versicherungsunternehmens ist ein erster Schritt. Zudem wäre eine spezielle Beratung in Punkto Versicherungsprodukte für Frauen und non-binäre Personen richtungsweisend. 

Ein Beispiel für eine innovative Herangehensweise an das Thema bietet die Plattform „Queerance“, als digitaler Versicherungsmakler für die LGBT Community.

Ziele 6 & 7: Sauberes Wasser & saubere Energie

Versicherungen sollten den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung fördern – so wie es beispielsweise die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) tut. Investitionen in Wasseraufbereitungs- und Sanitärprojekte, sowie Versicherungsprodukte im Bereich der Wasserversorgungsanlagen könnten Lösungen sein. Durch Investitionen aus dem Versicherungssektor in Solar- oder Windkraftprojekte (Erneuerbare Energien) lässt sich in der Energiebranche nachhaltiger wirtschaften.

Allerdings kritisierte die Umweltschutz-Organisation Greenpeace erst im Mai 2023 einen Schweizer Versicherer öffentlich wegen Investitionen in Öl- und Gasproduktion Norwegens – Investitionen in fossile Energiequellen stehen bei einigen Versicherern noch hoch im Kurs.

Ziele 8, 9 & 10:

Versicherungsunternehmen sind in der Lage, eine wichtige Rolle bei der Förderung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen spielen, indem sie soziale Projekte unterstützen und faire Arbeitsbedingungen in ihrem eigenen Unternehmen gewährleisten.

Ebenso liegt es nahe, durch Investitionen in innovative Technologien und nachhaltige Infrastrukturprojekte dazu beizutragen, nachhaltige Industrien und Infrastrukturen zu fördern.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, benachteiligte Gruppen gezielt anzusprechen und Versicherungsprodukte anzubieten, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dadurch verringern Versicherungsunternehmen Ungleichheiten und schaffen eine gerechtere Gesellschaft.

Ziele 11 & 12:

Zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) und 12 (Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster) kann die Versicherungsbranche beitragen. Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und nachhaltige Gebäude, sowie in umweltfreundliche Technologien wären angebracht.

Ziel 14 & 15: Leben unter Wasser & an Land

Auch die Tierwelt leidet unter der Erderwärmung und ihren Folgen für die Umwelt. Versicherungsgesellschaften haben die Finanzkraft, diese zu schützen. Sie könnten beispielsweise in den Schutz von Meerestieren, Korallenriffen, Wäldern und Artenvielfalt investieren und spezielle Versicherungen für Fischereiunternehmen und Landwirte anbieten. 

Ziel 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Gerade in diesen Zeiten geopolitischer Krisen ist die Branche gefordert: In Punkto Förderung von Frieden und Gerechtigkeit kann sie mit gutem Beispiel vorangehen. Die Unterstützung humanitärer Organisationen durch Bereitstellung eines größeren finanziellen Spielraums für Konfliktlösung, Menschenrechtsprojekte und die unabhängige Beratung staatlicher Institutionen ist für eine nachhaltige Welt entscheidend.

Abschließend lässt sich festhalten: Versicherungsunternehmen können durch Investitionen in nachhaltige Projekte nicht nur Umwelt und Gesellschaft schützen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile erzielen, da sie so auch nach außen und innen als attraktivere Arbeitgeber wirken. Dazu gehören eine verbesserte Reputation, stärkere Kundenbindung und die Reduzierung von ESG-Risiken. Allerdings müssen Versicherer sicherstellen, dass solche Investitionen in Einklang mit ihren finanziellen Verpflichtungen und ihrer Verantwortung gegenüber den Versicherten stehen.

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